Laudatio von Werner Busch
Die Laudatio von Filmplus-Kurator Werner Busch zur Übergabe des Ehrenpreises Schnitt am 29. Oktober 2018 auf Norbert Herzner:
Lieber Norbert, wir zeichnen dich in diesem Jahr mit dem Ehrenpreis Schnitt für dein Lebenswerk aus. Und wie ich in meiner Eröffnungsrede schon sagte, korrigieren wir damit offensichtliche Fehler im großen Buch der Filmgeschichte. Zum einen natürlich den, dass du noch nie einen Preis gewonnen hast. Trotz deiner vielen, großartigen Leistungen, insbesondere bei Spielfilmen. Wir haben zwei davon gezeigt, OUT OF ROSENHEIM und ABWÄRTS. Zwei sehr unterschiedliche Filme.
Und wir hätten eine ganze Woche lang noch viele fantastische und höchst unterschiedliche Filme von dir zeigen können, die deine große künstlerische Versiertheit und Vielseitigkeit gezeigt hätten.
Außerdem möchten wir mit diesem Preis auch ein weitgehend unbekanntes Kapitel der Filmgeschichte beleuchten. Denn Norbert Herzner war es, der den allerersten Langfilm digital geschnitten hat. Und zur Entwicklung des Avid-Systems und der Verbreitung digitaler Schnittsysteme Anfang der 1990er in Deutschland durch seine Pionierarbeit wesentlichen Anteil hatte.
Bevor Norbert zu uns nach Köln kam, war er ob der ganzen Sache noch etwas unsicher und fragte mich auch vor ein paar Tagen noch in einer Mail, ob ich denn nicht seine Amme für diese Filmplus-Tage sein könne. Nunja… Eine gute Amme war ich nicht, ich hatte keinerlei Kontrolle über dich.
Und meine Fürsorge hast du auch nicht gebraucht. Ich muss ganz ehrlich sagen und beklage mich: Ich hab nicht viel von Norbert gehabt die letzten Tage. Und das ist ein gutes Zeichen.
Denn ich habe selten einen Ehrenpreisträger gesehen, der so geschäftig auf unserem Festival unterwegs war und so ziemlich mit jedem sofort ins Gespräch kam; der mit so viel Begeisterung bei diesem Event dabei ist, und auch in sämtlichen Filmscreenings war. Was ja besonders für einen Nicht-Kinogänger wie dich erstaunlich ist.
Von deinem aufgeschlossenen, quirligen und einnehmenden Wesen konnten wir uns alle in den letzten Tagen überzeugen. Aber ich muss noch mindestens eine Facette ergänzen, die in unseren persönlichen Treffen und Gesprächen sehr augenscheinlich waren.
Die Sache mit Avid war für dich nur eine weitere Episode in deinem Leben. So ganz nebenbei erzählt, ganz uneitel. Sehr bescheiden ist Norbert nämlich auch: Als wir ihn zum ersten Mal wegen der Reisemodalitäten zu Filmplus sprachen, da erzählte er, dass er sich schon eine Flixbus-Verbindung rausgesucht habe und auch einen Jugendherbergspass besitzt, sodass er günstig in einer Jugendherberge schlafen kann, damit es uns nicht zu teuer wird. Das war seine erste Reaktion.
Ihn zu einem Zimmer im Steigenberger zu überreden und wenigstens den Zug zu nehmen hat schon etwas Überzeugungsarbeit gebraucht. Obwohl - im Nachhinein betrachtet - der Flixbus wahrscheinlich schneller gewesen wäre.
Als wir uns für unser erstes Gespräch in München trafen, lud er mich sofort zu sich nach Hause ein. Unser Interview – dachte ich – würde so drei, maximal vier Stunden dauern. Es wurden dann 12 Stunden. Und wir waren noch nicht fertig. Am nächsten Tag war ich wieder bei ihm und sprach mit ihm wieder viele Stunden über Schnitt und seine Filme. Wir fanden einfach kein Ende.
Norbert ist einfach von einer unglaublichen Energie und Begeisterung ergriffen, wenn er von Filmmontage erzählt. Sie fasziniert ihn, sie begeistert ihn, sie bestimmt sein ganzes Leben.
Mit diesem Preis zeichnen wir einen herausragenden Editor aus, einen glühenden Liebhaber der Filmmontage und eine ganz große, wunderbare Persönlichkeit.
Lieber Norbert, für Menschen wie dich machen wir dieses Festival.
Danke dass du bei uns bist!
Herzlichen Glückwunsch!